Abo-Modell oder Time & Material: Was ist wirklich besser aus Kundensicht?

Steffen Weiler – 23.09.2025

Bei der Auswahl eines Business Intelligence-Dienstleisters stehen Unternehmen oft vor einer grundlegenden Entscheidung:

Time & Material oder Abo-Modell?

 

Diese Frage klingt zunächst nach einem trockenen Pricing-Thema, ist aber in Wahrheit eine Grundsatzentscheidung, die über Erfolg oder Misserfolg des gesamten BI-Projekts entscheiden kann.

 

Ich war letzte Woche in einem Gespräch mit einem Geschäftsführer eines Mittelständlers.

Er sagte zu mir: „Steffen, wir haben jetzt drei verschiedene Angebote auf dem Tisch. Einer will 150 Euro pro Stunde, einer bietet ein Abo für 4.000 Euro im Monat und der dritte macht ein Mischmodell. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was für uns das Richtige ist.“

 

Diese Unsicherheit ist völlig verständlich, denn beide Modelle haben massive Vor- und Nachteile – und diese werden oft nicht ehrlich kommuniziert.

 

Heute schauen wir uns das mal wirklich kritisch aus Kundensicht an. Keine Verkäufer-Perspektive, keine Agentur-Sichtweise, sondern:

 

  • Was bedeutet das für dich als Kunde?
  • Wo lauern die Fallen?
  • Und wann macht welches Modell wirklich Sinn?

Time & Material Die vermeintlich faire Lösung

Time & Material klingt zunächst fair und transparent: Du zahlst nur für das, was du auch wirklich bekommst. Stunde für Stunde wird abgerechnet, und du behältst die volle Kontrolle über Budget und Umfang.
 
Time & Material: Du zahlst nur für das, was du auch wirklich bekommst.

Die echten Vorteile

Totale Transparenz ist der offensichtlichste Vorteil: Drei Stunden Datenmodellierung, zwei Stunden DAX-Entwicklung, eine Stunde Meeting – alles ist nachvollziehbar. Du siehst genau, wofür dein Geld investiert wird.

 

Maximale Flexibilität erlaubt es, bei gutem Projektverlauf mehr Stunden zu buchen oder bei knappem Budget den Umfang zu reduzieren. Kein Kündigungsstress, keine Vertragsbindung – du entscheidest vollständig selbst über Timing und Prioritäten.

 

Direkte Kontrolle bedeutet, dass der Berater nichts ohne deine Freigabe macht. Du bestimmst, wann gearbeitet wird und woran – perfekt für spezifische oder zeitkritische Anforderungen.

 
 

Die versteckten Probleme

Doch die Praxis offenbart schmerzhafte Nachteile, über die selten offen gesprochen wird.

 

Das Interessenskonflikt-Dilemma ist fundamental: Bei Time & Material gibt es für Berater wenig Anreiz, höchsteffizient zu arbeiten: Warum eine Lösung in zwei Stunden entwickeln, wenn man auch vier Stunden abrechnen kann?

 

Paradoxerweise wird ein absoluter Experte, der die Arbeit schnell und qualitativ erledigt, oft schlechter bezahlt als ein Newcomer, der deutlich länger braucht.

 

Ein konkretes Beispiel: Der Experte braucht eine Stunde bei 150 Euro Stundensatz = 150 Euro Abrechnung. Der weniger erfahrene Berater braucht drei Stunden bei 70 Euro Stundensatz = 210 Euro Abrechnung. Als Kunde zahlst du mehr und bekommst das Ergebnis später – eine doppelte Bestrafung.

 

Die Überbuchungs-Falle ist ein weiterer kritischer Aspekt, der oft übersehen wird. Time & Material-Entwickler leben in permanenter Unsicherheit, da sie nie wissen, wann gebuchte Stunden tatsächlich abgerufen werden.

 

Ein Entwickler mit drei Kunden à 40 Stunden pro Monat steht vor dem Problem: Kunde A wird krank, Kunde B hat einen Budgetstop und Kunde C braucht plötzlich alles sofort. Um flexibel reagieren zu können, müssen sich diese Berater oft 120-150% überbuchen.

 

Die Konsequenz für dich: Dein Berater ist gestresst, überlastet und oft nicht greifbar. Die Qualität leidet, weil er zwischen fünf oder mehr Projekten jongliert, und Wartezeiten entstehen, weil er ständig andere „dringende“ Kunden bedienen muss.

 

Kritischer Punkt: Time & Material-Entwickler müssen 20-30% ihrer Zeit in die Akquise des nächsten Projekts investieren. Zeit, die bei deinem Projekt fehlt.

 
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Das Abo-Modell Wunderwaffe oder Marketing-Trick?

Abo-Modelle werden branchenübergreifend als Lösung aller Probleme verkauft: monatlich kündbar, alles inklusive, vorhersagbare Kosten.

Doch auch hier lauern Fallstricke.

Das Abo-Modell: monatlich kündbar, alles inklusive, vorhersagbare Kosten.

Die überzeugenden Vorteile

Planbare Kosten schaffen Budgetsicherheit: 4.000 Euro pro Monat – fertig. Das kann jeder CFO planen, budgetieren und freigeben, ohne sich Sorgen über Kostenexplosionen machen zu müssen.

 

Wartung und Support inklusive bedeutet, dass API-Änderungen, Dashboard-Bugs oder neue Datenquellen Teil des Abos sind. Kein Diskutieren über zusätzliche Stunden, keine bösen Überraschungen bei der nächsten Rechnung.

 

Evolutionäre Entwicklung ermöglicht es, dass Dashboards mit deinen Anforderungen wachsen. Jeden Monat kommen neue Features dazu, bestehende werden optimiert – ohne dass für jeden Request neues Budget freigeschaufelt werden muss.

 

Echter Qualitätsanreiz entsteht, weil der Anbieter langfristig zufriedene Kunden braucht. Schlechte Arbeit bedeutet Kündigung und die Suche nach neuen Kunden – das motiviert anders als einmalige Projekte.

 

Die Entwickler-Perspektive als Kundenvorteil: Bei Abo-Modellen hat der Entwickler ein klares monatliches Mandat. Er weiß genau, was auf ihn zukommt, muss sich nicht überbuchen und kann sich voll auf dein Projekt konzentrieren.

 

Das Ergebnis: Bessere Qualität, da er nicht zwischen verschiedenen „dringenden“ Kunden hin- und herspringen muss. Ein entspannter, fokussierter Entwickler liefert einfach bessere Ergebnisse.

 

Transparenz durch Templates und Standards ist ein weiterer Vorteil. Gute Abo-Anbieter arbeiten mit bewährten Templates, Vorlagen und standardisierten Prozessen.

 

Du profitierst von erprobten Lösungen statt individueller Experimente. Die Kombination aus Abo-Modell und bewährten Templates macht das Angebot oft transparenter und vorhersagbarer als individuelle Time & Material-Entwicklung.

Die versteckten Risiken

Vendor Lock-in ist ein reales Problem. Nach sechs Monaten kennt oft nur noch der Anbieter dein System.

 

Ein Wechsel wird praktisch unmöglich, ohne komplett bei null anzufangen.

 

Versteckte Kostenfallen entstehen, wenn „alles inklusive“ nur Standard-Features bedeutet. Spezielle Integrationen, komplexe DAX-Measures oder Custom-Entwicklungen kosten plötzlich extra.

 

Aus 4.000 Euro Abo werden schnell 4.000 Euro plus 150 Euro pro Stunde für „Premium-Features“.

 

Intransparenz bei der Leistung kann frustrierend werden. Was passiert eigentlich in diesem Monat für die vereinbarte Summe?

 

Manchmal viel, manchmal wenig – ohne klare Vereinbarungen hast du keine Kontrolle und oft auch keinen Einblick.

 

Skalierungskosten werden zum Problem bei Wachstum. Mehr User, mehr Datenquellen, mehr Dashboards – jede Erweiterung kann zum Kostentreiber werden.

 

Wichtig: Informiere dich vorher über mögliche Skalierungspotenziale und wie diese abgerechnet werden.

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Wann macht welches Modell Sinn?

Nach allem, was wir besprochen haben: Wann solltest du als Kunde welches Modell wählen?
Wann solltest du als Kunde welches Modell wählen?

Time & Material ist richtig, wenn:

  • Du ein klar definiertes, einmaliges Projekt hast
  • Internes Power BI Know-how vorhanden ist, um den Berater zu steuern
  • Die Bereitschaft besteht, Projektrisiko und Überbuchungs-Nachteile zu tragen
  • Das System nach Fertigstellung selbstständig betreut werden kann

 

Beispiel: Ein einmaliges Reporting für eine Due Diligence – klar definiert, zeitlich begrenzt, danach nicht mehr benötigt.

 
 

Abo-Modelle sind sinnvoll, wenn:

  • Langfristige BI-Unterstützung benötigt wird
  • Kein großes internes BI-Team vorhanden ist
  • Planungssicherheit bei den Kosten wichtig ist
  • Evolutionäre Entwicklung statt Big-Bang gewünscht wird
  • Von Templates und bewährten Prozessen profitiert werden soll

 

Beispiel: Aufbau einer BI-Landschaft mit mehrjährigem Unterstützungsbedarf.

 

Worauf du achten solltest:

 

Bei Time & Material:

  • Auf klar definierte Lieferobjekte bestehen statt „wir schauen mal, was passiert“.
  • Explizit nach der Auslastung des Beraters fragen und klären, wie er mit Überbuchungen umgeht.

 

Bei Abo-Modellen:

Klare Leistungsvereinbarungen definieren:

  • Was passiert in einem durchschnittlichen Monat?
  • Welche Templates und Standards werden verwendet?
  • Was kostet extra?
  • Wie kommt man aus dem Abo raus, ohne alle Assets zu verlieren?

 

Das absolute No-Go: Abo-Modelle ohne Kündigungsrecht oder mit versteckten Verlängerungsklauseln. Das ist Kundenfang, nicht Service.

 

Ein praktischer Tipp: Frag den Anbieter explizit nach den drei größten Nachteilen seines Modells. Wenn er nur Vorteile nennt, solltest du skeptisch werden. Ehrlichkeit bei den Schwächen ist ein Qualitätsmerkmal.

Fazit: Qualität entscheidet

Die Qualität von BI-Projekten hängt nicht nur vom Preismodell ab, sondern auch davon, wie entspannt und fokussiert der Entwickler arbeiten kann.

 

Überbuchte Time & Material-Berater können fachlich brillant sein, aber unter ihren Arbeitsbedingungen nicht ihr volles Potenzial abrufen.

Bei Abo-Modellen mit klaren Templates und professionellen Prozessen weißt du dagegen genau, was du bekommst – das ist oft transparenter als individuelle Time & Material-Entwicklung.

 

Die Entscheidung sollte auf Basis deiner individuellen Situation getroffen werden. Beide Modelle können funktionieren, wenn du ihre Eigenarten verstehst und entsprechende Vereinbarungen triffst. Wichtig ist vor allem, dass beide Seiten ehrlich über Vor- und Nachteile kommunizieren – nur so entstehen langfristig erfolgreiche BI-Projekte.

Dieser Artikel basiert auf über zehn Jahren Erfahrung in Business Intelligence und Data Analytics. Für weitere BI-Insights und praktische Tipps folge mir auf LinkedIn oder höre den Daten zu Taten Podcast auf Spotify.

 

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👉 Hier kommst du zur Folge:
Folge 12 – Abo Modell oder Time&Material. Was ist wirklich besser aus Sicht eines Kunden?

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